Endometriose und Schmerzen

Endometriose: Der Umgang mit chronischen Unterleibsschmerzen

Viele Endometriose-Patientinnen leiden unter immer wiederkehrenden Unterleibsschmerzen. Nicht immer haben diese eine rein körperliche Ursache. Dieser Artikel beleuchtet die weiteren Hintergründe und zeigt, worauf es bei der Bewältigung ankommt.

Welche Faktoren führen zu chronischen Unterleibsschmerzen?

Ein chronischer Unterbauchschmerz kann zahlreiche körperliche Ursachen haben. Die Bandbreite reicht von einer Reizblase über Rückenerkrankungen bis hin zur Endometriose. Zur Abklärung ist daher im Allgemeinen eine Bauchspiegelung und Bildgebung erforderlich. Doch selbst, wenn durch diese Untersuchung Endometriose-Herde gefunden wurden, passt die Diagnose nicht immer zu der angegebenen, andauernden Schmerzsymptomatik. Die Ursachen müssen also auch im nicht-körperlichen Bereich liegen. Zwar existiert keine eindeutige Erklärung, die Medizin kennt jedoch einige Risikofaktoren für die Entwicklung eines chronischen Schmerzsyndroms. Dies sind vor allen Dingen:

  • Stressfaktoren in der Kindheit (keine „sichere Bindung“, emotionale Vernachlässigung, psychische Erkrankung der Eltern, Gewalterfahrungen)
  • Seelischer Missbrauch
  • Angst
  • Depression

Ein Zusammenhang mit Ausbildungs- und Familienstand, Infertilität, Parität und Erwerbstätigkeit wurde hingegen nicht nachgewiesen. Klar ist jedoch: Körperliche und seelische Faktoren müssen bei chronischen Unterleibsschmerzen stets gleichermaßen betrachtet werden.

Welche Rolle spielt die Beziehung zwischen Patientin und Arzt?

Bei der Behandler-Patientin-Beziehung sollte der Aufbau einer tragfähigen Beziehung bereits bei der Anamnese im Vordergrund stehen. Der Arzt sollte hierzu eine empathische, gelassene, stützende sowie symptom- und bewältigungsorientierte Grundhaltung einnehmen. Gelingt dies nicht, fühlen sich Patientinnen un- oder falsch verstanden. Die Folge ist dann oftmals ein Ärzte-Hopping.

Im Optimalfall sieht die Herangehensweise des Behandlers wie folgt aus:

  • Aktives Zuhören, Interesse signalisieren
  • Psychosoziale Themen zunächst indirekt/beiläufig abhandeln
  • Gezielt nach Leitsymptomen für somatoforme Schmerzstörung fragen (z. B. diffuse Rückenschmerzen, chronische Müdigkeit)
  • „Funktionsfähigkeit“ im Alltag eruieren

Wie sieht die optimale Diagnostik aus?

Zwar gibt es Studien, die Zusammenhänge zwischen chronischen Unterbauchschmerzen und psychischen Belastungen nahelegen. Selbst wenn Ursachen dieser Art eindeutig im Vordergrund zu stehen scheinen, darf die Abklärung körperlicher Beschwerden jedoch keineswegs entfallen. Eine sorgfältige körperliche Untersuchung, ergänzt um die gynäkologische Diagnostik, ist unbedingt erforderlich. Oft können diffuse Ängste schon in dieser Phase durch beruhigende Erklärungen reduziert werden.

Weiterhin sollten Patientinnen transparent zu folgenden Fragestellungen aufgeklärt werden:

  • Kann man zunächst abwarten, weil die Beschwerden aushaltbar oder die Situation nicht bedrohlich ist?
  • Oder ist eine weitere Abklärung notwendig?
  • Wann und warum ist eine Bauchspiegelung sinnvoll?

Nach einer operativen Diagnostik sollte der Befund stets ausführlich besprochen und im Hinblick auf den Schmerz auch bewertet werden. Denn der Zusammenhang zwischen Befund und Schmerz ist häufig nicht eindeutig.

Wie sollte die Therapie nicht ablaufen?

Oftmals sind Diagnostik und Therapie deutlich von dem zuvor skizzierten Zustand entfernt. Einige Herangehensweisen von Ärzten fördern sogar die Chronifizierung der Unterleibsschmerzen. Hierzu zählen:

  • Zu einseitiges Vorgehen (psychologisierend oder biomedizinisch)
  • Überschätzung medizinischer Befunde
  • Mangelnde Information oder Stigmatisierung („alles nur psychisch“)
  • Rein passive Therapiekonzepte (Operationen, Injektionen, Massagen, sehr lange Krankschreibung)
  • Unkritische Verschreibung von Medikamenten mit Suchtpotenzial

Wie sehen gute Therapiekonzepte aus?

Die wichtigsten Therapieziele bei Unterbauchschmerzen sollten die folgenden sein:

  • Lebensqualität verbessern
  • Chronifizierung verhindern oder professionell begleiten
  • Selbstschädigende Vorgehensweise (z. B. rezidivierende operative Eingriffe, riskante Therapien) vermeiden
  • Vertrauensbeziehung aufbauen

Wichtig ist es zudem, dass Ärzte gemeinsam mit ihrer Patientin diejenigen Faktoren identifizieren, welche die Schmerzen auslösen und reduzieren können. Bei leichten Verläufen können mehrere Optionen hilfreich sein:

  • Yoga
  • Leichter Ausdauersport
  • Autogenes Training
  • ggf. zeitlich beschränkter Einsatz von Schmerzmitteln
  • Endometriose-spezifische Behandlung (z. B. Gestagen-Dauertherapie) mit Hinweis auf evtl. nur begrenzte Wirkung

Bei schweren Verläufen kommt es darauf an, den Teufelskreis zwischen andauerndem Schmerz, Anspannung, Rückzug und Drängen auf Behandlung zu unterbrechen. Wann immer möglich empfiehlt sich daher eine multimodale Behandlung. Diese umfasst:

  • Physiotherapie
  • Psychotherapie
  • Entspannungsverfahren
  • Sozial-Training
  • Naturheilkunde
  • und andere

Für entsprechende Konzepte ist natürlich ein gutes Netzwerk der Akteure notwendig. In sehr schweren Fällen muss die Umsetzung solcher Konzepte stationär erfolgen. Die (Reha-)Klinik muss dann jedoch eine spezielle Ausrichtung auf multimodale Ansätze haben.

Der Endometriose Dialog e.V. berät Sie!

Insgesamt ist die Behandlung chronischer Schmerzen bei Endometriose ein äußerst komplexes Betätigungsfeld. Sie haben Fragen zu dem Thema? Dann zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Der Endometriose Dialog e.V. berät Sie gerne, um Ihnen auf Ihrem Weg zur Schmerzlinderung zu helfen. Zudem steht Ihnen ein Schmerzkalender zum Download bereit.